Digitalisierung

Wie sehen Digitalisierung als komplexes Querschnittsthema, das gleichermaßen Chancen und Risiken mit sich bringt. Auf der einen Seite entstehen neue Möglichkeiten in Bereichen wie Bürger*innenbeteiligung, Nachhaltigkeit oder neuen Arbeitsmodellen, die aber auch in sich selbst problematisch sein können. Zusätzlich entstehen neue Herausforderungen für den demokratischen Diskurs, das Wettbewerbsrecht sowie Daten- und Verbraucherschutz. Deshalb darf Digitalisierung kein Selbstzweck sein, sondern muss aktiv gestaltet werden.

Digitale Beteiligung, wie kommunalpolitische Online-Plattformen und Open Data, fördern die demokratische Teilhabe und Transparenz. Auch abseits offizieller Stellen ermöglicht ein aktiver virtueller Diskurs eine lebendige Zivilgesellschaft, sofern das Recht im Netz effektiv angewendet und durchgesetzt werden kann. Gleichzeitig ist eine aktive Medienbildung erforderlich um negativen Kommunikationseffekten wie Echokammern und zunehmender Desinformation entgegenzutreten.

Ein funktionierender digitaler Rechtsstaat macht eine Klarnamenpflicht oder Grundrechtseingriffe wie die Vorratsdatenspeicherung überflüssig. Dieses Ziel ist nicht durch schärfere Gesetze und Überwachung zu erreichen. Stattdessen müssen in den Strafverfolgungsbehörden digitale Kompetenzen aufgebaut und klare Zuständigkeiten hergestellt werden, um bestehendes Recht effektiv durchzusetzen. Eine automatische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum lehnen wir ab. 

Repräsentation spielt gerade im IT-Bereich eine wichtige Rolle und ist gleichzeitig ein signifikantes Problemfeld. Insbesondere FINT* Personen müssen deutlich mehr in die Gestaltung der Digitalisierung miteinbezogen werden. Dies muss mit der Schulbildung beginnen, sowohl was den Stellenwert digitaler Kompetenzen in den Lehrplänen als auch die Ausstattung der Schulen angeht. Insbesondere durch Angebote zum lebenslangen Lernen besteht die Möglichkeit allen gleichermaßen die Teilhabe in einer digitalisierten Gesellschaft zu ermöglichen.

Nur so kann die Reproduktion von diskriminierenden Mustern jeder Art im digitalen Raum verhindert und wo schon geschehen rückgängig gemacht werden. Eine weitere Voraussetzung hierfür ist die Offenlegung von Algorithmen und KI-Systemen, um eine unabhängige Überprüfung zu ermöglichen.

Das Wegdigitalisieren von Arbeitsplätzen aus ökonomischen Beweggründen ist nicht zielführend, wenn dabei keine Gewinne in der Lebensqualität, etwa durch eine Verminderung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, entstehen. Übermäßige Anforderungen an Flexibilität und Erreichbarkeit können zudem zusätzlichen Stress bei Arbeitnehmer*innen hervorrufen. Deshalb ist es wichtig, dass technischer Fortschritt kein Selbstzweck ist, sondern immer auch anhand sozialer Gesichtspunkte bewertet und aktiv gestaltet wird.

Für all dies ist ein freier, gleicher Zugang zum Internet für alle essenziell. Dazu braucht es nicht nur einen Ausbau des Mobilfunknetzes und flächendeckende Breitbandanbindung, sondern auch eine gesetzlich verankerte Netzneutralität und ein zeitgemäßes Urheberrecht ohne Uploadfilter und Leistungsschutzrecht, aber mit fairer Vergütung für Content Creator, Journalist*innen und Künstler*innen sowie Freiheiten für Netzkultur.

Die Digitalisierung hat auch wirtschaftliche Implikationen. Große Digitalkonzerne bedrohen durch Quasi-Monopolstellungen das Marktgleichgewicht. Deshalb müssen Internetdienstleister wie Google, Amazon und Facebook staatlich reguliert und fair besteuert werden. Dafür bedarf es einem modernen Wettbewerbs- und Kartellrecht. Insbesondere der Zugang zu großen Datenmengen spielt hier eine wichtige Rolle, und muss durch den Staat fair geregelt werden.

Zudem stellen die Nutzung und der Handel personalisierter Daten durch Unternehmen eine Herausforderung für den Daten- und Verbraucherschutz und damit auch für die Freiheitsrechte dar. Deswegen brauchen wir digitale Bürger*innenrechte, die den Verbraucher*innen die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben. IT-Sicherheit muss an erster Stelle stehen, aus diesem Grund lehnen wir sogenannte Staatstrojaner und andere Maßnahmen wie etwa Chatkontrollen, welche die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben, ab.

Die Überführung von digitaler Infrastruktur wie sozialer Netzwerke und Suchmaschinen in öffentliche Hand kann ein sinnvolles Mittel sein, um das Internet den wachsenden Einflüssen digitaler Großkonzerne zu entziehen und demokratischer zu gestalten. Dabei muss eine Interoperabilität zwischen den Services sichergestellt sowie der Schutz vor missbrauchendem staatlichem Zugriff gewährleistet werden.

Digitalisierung ist ressourcenintensiv. Verschwenderische Praktiken etwa im Bereich von Kryptowährungen oder bei der Herstellung und Instandhaltung von digitalen Geräten müssen eingedämmt werden. Ein Recht auf Reparatur sowie starke Standards sind hier wichtige Mittel.

Für die Umsetzung all dieser Vorhaben ist der massive Aufbau von Digitalkompetenzen in der Verwaltung unabdingbar. Ohne ein exzellentes Verständnis der Digitalisierung in der Verwaltung kann diese die zahlreichen notwendigen Kontroll- und Gestaltungsfunktionen nicht wahrnehmen. Explodierende Beratungskosten im digitalen Sektor müssen stattdessen für den nachhaltigen Aufbau von Expertise verwendet werden. Nur so kann die Verwaltungslast für die Bürger*innen effektiv reduziert werden und eine Gestaltung im Sinne des Gemeinwohls erfolgen. Dieser Prozess kann nur dann demokratisch stattfinden, wenn alles was mit staatlichen Mitteln entwickelt wird auch öffentlich zugänglich ist (Open Source) und staatliche Daten, wo dies mit dem Datenschutz vereinbar ist von allen genutzt werden können (Open Data).

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